Wie funktioniert Blindenschrift auf Chinesisch? - Das Publikumsgespräch bei Touch of the Light

Es war ein unglaublicher Film gewesen. Nach Touch of the Light, als der Abspann begann, herrschte eine überwältigende Spannung im Saal. Keiner wagte es, diesen Moment durch ein Klatschen zu zerstören. Als das erste langsame Lied des Abspanns schließlich von einer aufgewühlten, fröhlichen und lustigen Melodie abgelöst wurde, entlud sich die gesamte Begeisterung in einem lautstarken Applaus, der auch Minuten nach Ende des Abspanns noch nicht verstummen wollte. Stattdessen standen viele Leute auf, um deren Entzückung noch klarer zu verdeutlichen. Als die Darsteller und Filmemacher auf die Bühne kamen, brandete erneut riesengroßer Applaus auf.
Der Regisseur, Chang Jung-Chi, war völlig überwältigt, wie gut der Film angekommen war. Auch der blinde Hauptdarsteller, Huang Yu-Siang, konnte die Begeisterung im Raum durch den langanhaltenden Applaus gut nachvollziehen und bedankte sich herzlich dafür, da das etwas war, was er wirklich fühlen konnte.
Nachdem der Applaus, der auf diese Worte hin erklang, verstummte, erklärte Florian das Publikumsgespräch für eröffnet.


Wie funktioniert Blindenschrift auf Chinesisch? In China gibt es doch mehr als 1000 Schriftzeichen.

Es gibt ein spezielles Gerät, das extra dafür gedacht ist, die Schriftzeichen wiederzuerkennen. Das macht es etwas einfacher. Aber auch wirklich nur etwas.

Zunächst einmal: toller Film! Ich habe mich gefragt, ob der Hauptdarsteller, Huang Yu-Siang, einige Dinge vorgeschlagen hat, wie zum Beispiel die Kameraführung, weil er selbst natürlich am besten weiß, wie sich das Leben als Blinder anfühlt. (Auf diese Worte hin rufen sie den Kameramann auf die Bühne - der wirklich eine unglaubliche Arbeit geleistet hat – damit er als Fachmann die Frage beantworten kann)

Zunächst einmal vielen Dank. Tut mir leid, ich bin ein bisschen schüchtern. So direkt hat er nichts vorgeschlagen. Aber ich denke, dass der Film von den Verbindungen zwischen den Menschen handelt und das habe ich auch versucht mit meiner Kameraführung darzustellen.

Ist der Effekt mit dem gleißend weißen Gegenlicht eingesetzt worden, um zu verdeutlichen, wie ein Blinder sich fühlt?

Genau. Huang Yu-Siang kann spüren, wenn sich die Umgebung um ihn herum ändert. Er weiß, wenn es dunkel oder hell ist, ob es schattig ist und ob das Licht gedimmt oder gleißend hell ist, ob es eher warm oder kalt ist. Das alles kann er sehen, deshalb habe ich diesen Effekt mit dem Gegenlicht eingesetzt, um das zu verdeutlichen.

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie den Film auf der großen Leinwand gesehen haben?

Also ich habe ihn jetzt schon mehrmals in ganzer Länge gesehen und muss sagen, dass er mir bei jedem Mal besser gefallen hat.

Huang Yu-Siang, haben Sie das als kleiner Junge wirklich erlebt, dass ein anderer Junge behauptet hat, Sie hätten den Wettbewerb nur gewonnen, weil sie blind sind?

Nein, das ist mir nicht wirklich passiert.

Wie nah ist der Film der Realität?

Da gibt es nicht wirklich viele Unterschiede zum wahren Leben auf dem Campus. Die Uni war der netteste Platz auf der Welt. Die Menschen dort waren alle sehr warmherzig und offen und beim Dreh war es genauso. Wenn jemand zum Beispiel begann Violine zu spielen, setzten die anderen nach und nach ein und improvisierten. Wir waren alle wie eine große Familie.

War das Mädchen wirklich deine Freundin?

Sie ist ein sehr, sehr nettes Mädchen, aber nein, sie ist wirklich nur eine gute Freundin.

Ich bin zusammen mit einem Mädchen aufgewachsen, das von Geburt an blind war, deswegen verstehe ich nun nach Jahren ungefähr, was Blinde durchmachen. Ich habe auch schon früher Filme über Blinde gesehen, die mich für gewöhnlich sehr geärgert haben, weil sie nicht annähernd erfasst haben, wie es den Blinden wirklich geht. Also wollte ich fragen, wie Sie es geschafft haben, diese Stimmung einzufangen.

Wir haben uns 2005 kennengelernt. Er war der erste Blinde, den ich jemals getroffen habe, daher war es eine ziemlich berührende Erfahrung. Wir sind zusammen ans Meer gefahren, damit er dort seine Erinnerungen noch einmal durchleben kann. Doch als wir dort ankamen, konnten wir nicht an den Strand, weil überall Felsen im Weg waren. Da habe ich zum ersten Mal wirklich bemerkt, wie schwierig es für jemanden sein muss, wenn er nicht sehen kann. Huang Yu-Siang hätte nämlich nicht so ohne weiteres über die Felsen klettern können. Alles benötigt viel mehr Zeit und Aufwand, wenn man blind ist. Wir unternahmen noch sehr viel Anderes zusammen, wo ich genau das immer wieder feststellen musste. Dieser Unterschied wurde mir durch unsere Treffen immer wieder vor Augen geführt. Daher hatte ich nach der Zeit ein ziemlich gutes Gespür dafür, wie er sich wohl fühlen muss.

Am Ende verkündete der Regisseur, dass wir Zuschauer noch einen kurzen Augenblick warten sollen, da Huang Yu-Siang noch etwas vorbereitet hat. Gespannt fragten wir uns, was das wohl sein könne. Huang Yu-Siang zog eine Karte aus seiner Tasche, hielt sie an seinen leicht geöffneten Mund und klopfte mit den Fingern einen Rhythmus. Tatsächlich schaffte er es, dabei sogar unterschiedliche Töne zu erzeugen. Das war ein Trick, der auch im Film vorgekommen war.
Die begeisterte Menge begann laut zu klatschen und zu johlen. Der Applaus verklang erst, als die Darsteller schon längst von der Bühne verschwunden waren.

Sarah Gosten

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