Jin

Titel: Jin
Regie: Reha Erdem
Türkei 2012 ○ 122 Min.
Türkisch/Kurdisch ○ englische Untertitel

Eröffnungsfilm

Kamera: Florent Herry
Schnitt: Reha Erdem
Musik: Hildur Gudnadottir
Produzent: Ömer Atay
mit: Deniz Hasgüler, Onur Ünsal

Fr. 08.02. 19:30 Uhr
Haus der Kulturen der Welt 1
Sa. 09.02. 16:30 Uhr
CinemaxX 3
Sa. 10.02. 15:30 Uhr
Cubix 8
Do. 14.02. 14:00 Uhr
CinemaxX 3

Inhalt
Sie haben meinen Vater abgeholt, als ich gerade zwei war. Er hatte nicht mal eine Waffe. Er kam nie zurück.
Sie nennt sich Leyla. Eigentlich ist ihr Name Jîn, doch den verrät sie nur wenigen. Immer ist sie auf der Flucht. Von den kurdischen Rebellen in den Bergen hat sie sich abgesetzt. Jetzt zieht sie allein durch die überwältigenden Berglandschaften, auf dem Weg zu einer fernen Großmutter, wo sie sicher sein könnte. Überall lauern Soldaten, drohen Gewehrfeuer und Explosionen. Und Männer, gegen die sie als junge Frau ohne Familie fast schutzlos ist. Doch ihr Mut ist ungebrochen und die Natur ihr größter Beschützer.

Content
They took my father away when I was just two. He didn‘t even have a gun. He never returned.
She calls herself Leyla. Her real name is actually Jîn, but she only reveals that to a few people. She‘s on the run now she‘s broken away from the other Kurdish rebels in the mountains. Now Jîn wanders alone across the breathtaking mountain landscape, heading for a distant grandmother who might be able to off er her a safe refuge. Soldiers are lurking at every turn, and the sound of gunfi re and explosions fi lls the air – and men too, against whom she is practically defenceless as a young woman without a family. But her courage is undaunted, and nature is her greatest protector.


08.02.2013, Johanna Gosten
Auch wenn ich mir noch immer nicht sicher bin, was ich von diesem Film halten soll, denke ich doch, dass Jin der perfekte Auftakt zur diesjährigen Berlinale war. Die Mischung aus ruhiger Nachdenklichkeit, erschreckenden und schockierenden Szenen und ergreifenden Momenten - kurz gesagt alles, was ein typischer Berlinalefilm braucht.

Über ein ganzes Jahr lang kann man schon mal vergessen, wie furchtbar und realitätsnah einige der Filme dort sind, selbst solche aus der Sektion Generation. Jin hat mir jedoch mit gnadenloser Wucht gezeigt, worum es bei der Berlinale eigentlich geht - einen Einblick in das Leben anderer Kinder oder Jugendliche zu bekommen. In den ersten Minuten dachte ich, es könnte ein sehr langatmiger Film werden, aber schnell wurde ich vom Gegenteil überzeugt, nämlich bei der ersten Schießerei. Ich bin regelrecht zusammengezuckt. Trotzdem muss ich sagen, dass der Film so einige Längen hatte, vor allem auch da sich der Ablauf teilweise wiederholte. Sie lief durch die Natur, es passierte etwas Schreckliches, eine Schießerei, dann wieder Natur...

Ich bin aber der Meinung, dass die Filmemacher diesen kleinen Makel sehr gut überdecken konnten. Die leichte Langeweile, die entstehen könnte, wird durch passende Musik und eine wirklich außergewöhnliche Schauspielerin in eine nahezu elektrisierende Spannung umgewandelt. Es gibt zwar einen gewissen Kreislauf, aber dennoch weiß man nie genau, in welcher Abfolge die drei eben genannten Dinge eintreten. Zwischendurch habe ich mich immer wieder dabei ertappt, wie ich mit Jin mitfieberte und sie auch vielfach bewunderte, für ihren Mut und ihre unerschöpfliche Großherzigkeit. Es hat mich doch teilweise überrascht, wie oft sie anderen Lebewesen und auch Menschen half, auch wenn sie selbst überhaupt keine Hilfe erhielt.

Jin wird mir sehr wahrscheinlich noch eine Zeit lang schwer und auch quer im Magen liegen, denn es geschieht eigentlich automatisch, dass man über das Thema nachdenkt, bemerkt, wie gut man selbst es eigentlich hat, und den Drang verspürt, diesen Menschen zu helfen, aber man weiß auch, dass das praktisch nicht möglich ist. Ich finde es ziemlich mutig von den Filmemachern, einen solchen Film zu drehen, denn es besteht ja auch immer die Gefahr, dass das Thema falsch aufgegriffen wird, bzw. die Botschaft missverstanden wird.

Sarah Gosten
Wow. Das muss man erstmal sacken lassen. Getäuscht von den vielen idyllischen und ruhigen Landschaftsaufnahmen zu Beginn des Films, in denen ich mir schon gut vorstellen kann, dass er eventuell etwas langweilig werden könnte, werde ich schon bald eines besseren belehrt, als plötzlich Schusswaffen und Bomben ertönen. Neben mir spüre ich auch die anderen Kinobesucher im Saal zusammenzucken.

Nach dieser Schrecksekunde wendet sich der Film nun der Hauptdarstellerin zu, die wir auf ihrem Weg den ganzen Film über verfolgen. In vielen ruhigen Landschaftsszenen – immer wieder durchbrochen von den lautstarken Gewehren – werden wir mitgenommen in eine Welt, die wir uns kaum vorstellen können. Eine Welt, in der Krieg herrscht und in der Jin – ohne Pass und als alleinreisende junge Frau ohne Familie oder sonstige Angehörige - in ständiger tödlicher Gefahr lebt. Mit deprimierender Klarheit verdeutlicht der Film genau diese aussichtslose Situation und dafür werden nicht einmal viele Worte gebraucht. Alles in allem ist der Film wirklich extrem still, doch mich hat das nicht gestört. Es war irgendwie passend.

Einige meinten nachher, dass sie die vielen Landschaftsszenen als eintönig und etwas langweilig empfanden, doch ich muss sagen, dass mich das komischerweise überhaupt kein einziges Mal gestört hat. Der Film hat mich so gefesselt, dass es mir gar nicht vorkam, als ob der Film so viele Längen hätte.

Als Berlinale-Auftakt war der Film sicherlich ein Schocker, doch genau solche Filme machen die Berlinale doch aus. Und eins ist klar: Über diesen Film kann man sicherlich noch sehr lange nachdenken.


Charlotte Hochegger
"Jin" ist ein Film, der mich sehr beeindruckt hat. Noch lange nachdem er vorbei war, habe ich darüber gegrübelt. Ich weiß gar nicht über was genau, aber das Thema hat mich so beschäftigt, dass ich nicht aufhören konnte, die Bilder wieder und wieder an mir vorbeiziehen zu lassen. Der Film behandelt sein Subjekt so, dass man es nicht so leicht wieder vergisst. Ruhige Bilder einer wunderschönen Landschaft, Schrecksekunden voller Getöse, Schrecksekunden des Mitfieberns mit Jin, dann wieder Landschaft.

Von der Machart ist der Film sehr realistisch bis auf einige Ausrutscher in Form von Allegorien. Daher kann es auch durchaus ziemlich schmerzhaft sein, mitansehen zu müssen, was dort geschieht. "Jin" ruft uns ein Thema in Erinnerung, von dem wir eigentlich schon einmal etwas gehört haben, es aber wieder verdrängt haben. Der Film hat mir ziemlich gut gefallen, wobei "gut" vielleicht auch das falsche Wort ist, denn ich bin mit einem blauen Fleck in der Magengrube nachhause gegangen.

Einzig und allein das Ende hätte meiner Meinung nach nicht unbedingt gezeigt werden müssen, da sowieso jeder Zuschauer wusste, wie ausweglos die Situation war und geahnt hat, was mit Jin letztendlich passieren würde. Dies trübt meinen Eindruck des Films jedoch wenig: Er ist auf jeden Fall sehenswert!

1 Kommentar:

  1. Der Film war sehr gut, aber der Schluss hätte nicht sein müssen. Für mich 20 Min. zu lang!

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