Ein erhellendes Publikumsgespräch - The Cold Lands

Während man vielleicht noch mitten im Film die Stirn runzelte, so glätteten sich die Falten doch recht bald, als Regisseur Tom Gilroy zu sprechen beginnt. Es war vielleicht das angenehmste und informativste Publikumsgespräch, bei dem ich je dabei war, da Gilroy von sich aus sehr viel und ausführlich erzählte und noch viel mehr Informationen gab, als es zum Beantworten der Frage benötigt hätte. Das war wirklich großartig, denn ich schätze, andernfalls hätte ich den Film auch etwas schlechter in Erinnerung behalten.

Zuerst dankt uns der Regisseur ganz herzlich, denn es sei eine tolle Erfahrung, den Film auf einer so großen Leinwand zu sehen - und das auch noch in einem Raum voller fremder Leute! Außerdem war es auch für jedes Mitglied der Filmcrew das erste Mal, den Film auf einer so großen Leinwand zu sehen.

Wie war es, mit einem so jungen Menschen zu arbeiten?
Tom Gilroy: Es war großartig. Silas lebt in der Stadt, in der wir größtenteils gedreht haben. Das war mir sehr wichtig, denn ich wollte einen glaubwürdigen Schauspieler haben, der sich mit Tieren auskannte, auf einer Farm lebte. Als ich auf der Suche nach so einem Schauspieler war, sah ich Silas bei einer Theateraufführung in seiner Stadt, er war einer der Stars. Nach der Veranstaltung sprach ich ihn an und er nahm mein Angebot an. Für vier oder fünf Monate gab ich ihm Schauspielunterricht, immer etwa zwei bis drei Stunden. Vor dem Dreh wollte ich Silas noch einmal vor der Kamera sehen, um entscheiden zu können, ob wir überhaupt einen Film würden drehen können, und wir arrangierten einen Kurzfilm mit meiner einer ganz kleinen Crew in meinem Haus. Anscheinend gefiel Silas am Ende selbst, was er sah, denn er war einverstanden, weitere sechs Monate mit mir zu arbeiten, und dann drehten wir den Film.

Wie kam der Film zu seinem Titel "The Cold Lands"
TG: Im Nordosten Amerikas gibt es eine Menge Schilder, die die Geschichte der Felder erläutern oder kennzeichnen. Am Ende des Films wurde ein solches Schild gezeigt. Es steht nicht weit entfernt auf dem Weg zu meinem Haus und es bezeichnet "The Cold Lands". Immer, wenn jemand Probleme mit dem Gesetz bekam, zum Beispiel eines Verbrechens beschuldigt wurde, und dann auf einmal verschwand, dann war man angeblich in die "Cold Lands" verschwunden.

Was genau wollte Sie mit dem Film ausdrücken, gab es eine große Sache, die Sie verfolgt haben?
TG: Ich wollte einen Film über ein Kind drehen, das mit Umständen konfrontiert wird, die gefährlich oder riskant sind. Und auch wenn es für das Kind gut ausgeht, macht man sich Gedanken darüber, was ihm in einer solchen Gesellschaft passieren könnte.


Während des Drehs, haben Sie Silas nur direkte Anweisungen gegeben, wie er spielen sollte, oder haben sie mit ihm darüber gesprochen, wie es wäre, seine Mutter zu verlieren und anderes?
TG: Ich habe mit Silas nie die großen Fragen des Films diskutiert. Es war immer mehr wie "wenn das passieren würde, was würdest du dann tun, wie würdest du dich fühlen". Ich denke, für ihn war es eher wie ein großes Spiel. Er hat sich wohl gedacht "dieser Typ hat mir jetzt fast ein Jahr lang versucht, etwas beizubringen, und jetzt habe ich die Gelegenheit, zu zeigen, was ich drauf habe." Es war mehr ein Abenteuer, eine Erfahrung für ihn. Er hat es einfach getan. Und bis jetzt hat er den Film auch noch nie gesehen und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er großartig etwas dazu zu sagen hätte.

An welche Krankheit ist die Mutter denn gestorben?
TG: Sie litt an Diabetes. Was dann oft passiert, ist, dass man einen kleineren Herzinfarkt erleidet, doch die Symptome sind denen der Diabetes sehr ähnlich, weshalb man sie kaum bemerkt. Doch dann gibt es einen größeren Herzinfarkt, an dem man eben stirbt. Die Mutter im Film hatte zu der Zeit schon einen Herzinfarkt und ist dann an dem anderen gestorben.

Wie war es denn für die Schauspieler, mit einem Kind, bzw. mit Silas zu arbeiten?
Peter Scanavino: Es war natürlich ganz anders, als mit einem Erwachsenen zu arbeiten, aber um ehrlich zu sein, hat es mich mehr beruhigt, als aufgeregt. Es gab diverse einfache Momente, da wir nicht unbedingt mehr gemacht haben, als unbedingt nötig war, es war wirklich entspannt mit Silas.

Wie lange habt ihr gedreht?
TG: 5 Wochen. Es waren teilweise sehr kurze Wochen, da Silas ja Schule hatte, und zwischendurch kam dann auch noch ein Hurrikane, also war die erste Frage morgens immer, wie das Wetter war, ob wir überhaupt etwas aufnehmen konnten.

Was denken Sie, wie hat sich das Kind gefühlt? Der Junge war so allein, war er stark und mutig, oder eher traurig?
TG: Ich denke, er hat Peter vertraut und die Dinge kamen einfach, wie sie kamen. Er hatte nicht wirklich eine andere Wahl, als die Dinge so zu nehmen, wie sie eben kamen. Was passierte, das passierte. Er hatte seine Mutter verloren, was ein ziemlicher Schock war, aber ich weiß nicht, ob er besonders allein war. Er war eher neugierig, nachdenklich, bedächtig. Mein Ziel war es mehr, einen Film über den Teil des Lebens eines Heranwachsenden zu drehen, zu dem man langsam anfängt, über Dinge nachzudenken und sie anders wahrzunehmen. Wenn ein 11-Jähriger beginnt, über wichtigere Dinge als Sport und Essen nachzudenken und langsam beginnt, sich mit der Welt auseinanderzusetzen. Und obwohl er seine Mutter in dieser Zeit seines Lebens am meisten brauchen könnte, kann sie nicht für ihn da sein. Es ist, als stünde er in einer plötzlich geöffneten Tür und wüsste nicht so genau, wo es langgeht, weil er auf einmal allein gelassen wurde.

Johanna Gosten

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